Meine Eltern zogen von Westuffeln nach Ehrsten, weil mein Vater von 1934-1973 und sein älterer Bruder von 1928-1968 von Starck'- sche Förster auf Gut Laar bei Zierenberg waren. Der Bruder meines Vaters konnte das elterliche Haus in Westuffeln als Dienst- sitz nutzen, während meinem Vater das über 300 Jahre alte Ehrster Forsthausvon 1935-1974 als Dienstwohnung gegen (Mietzah- lung seit 1960) zugewiesen wurde. Dort wurden meine älteren Geschwister und ich geboren und auch sogar alle wegen der damals noch recht kalten Winter im Forsthausgetauft. Mein Vater kam 1935 und meine Mutter erst 1939, einige Monate nach der Hoch- zeit, nach Ehrsten.
Da mein Vater bis 1973letzter Förster in Ehrsten war, habe ich eine Beschreibung des alten Forthauses, das heute so nicht mehr besteht und eine Auflistung aller seiner Vorgänger zurück bis zum Beginn der Kirchenbücher im Jahr 1645 erstellt. Die noch nicht ganz vollständigen Ergebnisse sind unten verzeichnet.
Mein Geburtsort Ehrsten am Fuße des Hohen Dörnberg und des Schartenberges mit der Ruine der mittelalterlichen DoppelburgSchloß Schartenberg und dem Groppe-Schloß gelegen, wird im Jahr 802 erstmals als HERSTEN und 817 als HERSTE genannt und eine Urkunde Kaiser Otto I. des Gro- ßen von 952 nennt es HERISTI1].
Das seit 1124 genannte Rittergeschlecht der SCHARTENBERGER trug das Dorf vom Erzstift Mainz zu Lehen und verpfändete es 1294 an den Landgrafen von Hessen. 1383 nach dem Aussterben der SCHARTENBERGER geht das Dorf an Hessen, zudem verzichte 1461Kurmainz auf alle bisher be- stehenden hoheitlichen Rechte im Dorf.1484 kommt Ehrsten zum Amt Schartenberg - Zierenberg mit Sitz in Zierenberg und verbleibt dort bis zum Jahr 1835.
Ab 1518 war die Burganlage auf dem Schartenberg unbewohnbar und ab 1555 wurde sie als Steinbruch benutzt und fast vollständig abgetragen, nur der ca. 25 m hohe Bergfried des oberen Schloßes bliebt bis in unsere Zeit stehen. Die Burg hatte ihre Schutz-, Macht- und Verwaltungsfunktion für das Dorf und die Umgebung verloren. 1526 wurde Ehrsten wie das ganze damalige Hessen auf Anordnung des Landgrafen Phillipp aus dem Haus Brabant evangelisch. Im Dreißigjährigen Krieg schwer heimgesucht, wie das Kriegsschadensverzeichnis von 1637, aufgestellt nach dem "Kroatensturm", und das Mannschaftsregister von 1639 beweisen. Ebenso hatte das Dorf auch im Siebenjährigen Krieg unter Fremdbesatzungen[ Schlacht bei Wilhelmsthal ] zu leiden. 1835 kam das Dorf zum Kreis Hofgeismar und 1972 zur Großgemeinde Calden und damit zum neuen Großlandkreis Kassel.
Die Kirche St. Marien war wohl eine Stiftung der Schartenberger Ritter aus der Zeit um 1349 gewesen. 1375 übertugen sie der Kirche eine " Hube Landes " [ = 50 Morgen ], die noch heute als Pfarrland im Besitz der Kirchengemeinde ist. 1418 im Stil der Gotik neuerrichtet, ist nach mehrfachen Umbauten im 18. und 19. Jahrhunder leider nur das gotische Chorgewölbe im Turm vom ur- sprünglichen mittelalterlichen Bauwerk erhalten geblieben 1].
Quellen dieser Daten sind die 1645 beginnenden Kirchenbücher von Ehrsten. Ein Teil meiner Vorfahren lebte bereits im 16., 17. und dem 1.Viertel des 18. Jahrhunderts in Ehrsten[ aber auch in Fürstenwald & Meimbresen ], ohne das dies mir und meiner Familie damals bekannt war. Erst später habe ich diese ehrstener Vorfahren - Familien entdeckt:
■ Familie SCHINDEHÜTTE genannt mindestens seit dem 16. Jahrhundert .........................................................................................................................................................................................................................
■ Familie BLANKENBERG genannt seit 1637 .........................................................................................................................................................................................................................
■ Familie KLEINHENN genannt seit 1637 .........................................................................................................................................................................................................................
■ Familie SCHMIDT genannt seit ca. 1650 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Familie VOLPRACHT genanntseit 1645 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Familie DÖNIG / DÖNNICKE genannt seit 1663 .........................................................................................................................................................................................................................
■ Familie FUCHS / VOß genannt seit 1637 .........................................................................................................................................................................................................................
■ Familie KOBE genanntseit 1674 .........................................................................................................................................................................................................................
■Johannes RASCHIUS I. 1552 - 1585 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Johannes RASCHIUS II. 1585 - 1624 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Johannes DENDEICH / DENDIG 1624 - 1659. ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Moritz MUSENTUS / MUSCULUS 1660 - 1686. ......................................................................................................................................................................................................................…
■Johann Georg ROLIKA 1686 - 1697 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Johannes SCHINDEHÜTTE genannt 1637 & 1639 [ mein Vorfahr Nr. …. ], + zwischen 1639 & 1660 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Otto SCHINDEHÜTTE Vorsteher um 1660 [mein Vorfahr Nr. ... ], # 2. Juli 1672 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Lips SCHMIDT Köttergrebe 1671 seit 6 Jahren,[ mein Vorfahr Nr. … ], # 29. Dez. 1677 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Henrich SCHINDEHÜTTE ca. 1660-1685[ mein Vorfahr Nr. … ], # 4. Okt.1688 ......................................................................................................................................................................................................................…
■ Johannes KLOPPMANN1686 - 1719 .........................................................................................................................................................................................................................
Als Forsthaus gekennzeichnet wurde es durch ein Hirschgeweih, das außen im ersten Stock in der Mitte der Straßenseite zwischen den Fenstern angebracht war. Die Hausnummer 55 erhielt es im Jahr 1905. Erbaut wurde es vermutlich noch vor 1700 mit einem vielleicht noch älteren Gewölbekeller unterbaut. Ob es bereits von Anfang an als Dienstgebäude der landgräflich hessen-casselschen Forstbe- amten " bei den Forstdiensten am Schartenberg " geplant und genutzt wurde oder ob es zuerst ein Bauernhof war, der dann von der fürstlichen Verwaltung in Kassel erst später zu diesem Zweck erworben wurde, läßt sich nicht mehr nachweisen.1913 wurden Haus und Grundstück mit den zugehörigen Waldungen aus dem seit 1866 preußischen Staatsbesitz in den Besitz des ehemaligen Reichs- kommissars von Elsaß-Lothringen und Polizeipräsidenten von Potsdam, Carl von StARCK auf Gut Laar, durch Kauf übertragen. 1973 wurde es von der Familie von Starck verkauft und die Verwaltung des von Starck'schen Privat-Forstbesitzes vom zuständigen staatlichen Forstamt übernommen. .
Das Gebäude wurde im Stil eines zweigeschossigen Fachwerk-Bauernhauses mit Sattel- dach und Giebel in Nord-Süd-Richtung an einer Straßenkreuzung errichtet. Wohnhaus und Wirtschaftsteil sind unter einem Dach untergebracht. Eine zweiflügelige Haustür auf der Ostseite zum zum Hof führt in das Innere. Das Wohnhaus steht auf einem verputzten Sockel aus Kalk-Bruchstein. Die landwirtschaftlichen Gebäudeteile Scheune und Ställe wurden bereits 1975 / 1976 abgerissen und durch ein Wohn- und Ladengebäude ersetzt. Stehen blieb nur das zur Hauptstraße hin gelegene ursprüngliche Wohnhaus.
Eine Inschrift, die eventuell über das genaue Erbauungsjahr hätte geben können, war nirgends zu entdecken. Sollte sie einmal vorhanden gewesen sein, so dürfte sie wohl über dem Scheunentor angebracht gewesen sein und wurde beim Umbau des unteren Gebäudeteiles mit den Stallungen zerstört. Die ursprünglich sicher auch aus Fachwerk bestehenden Wände von Scheune und Stall wurden entweder am Ende des 19. Jh. oder im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts durch massive Backsteinwände [verputzt] ersetzt. Die Ställe enthielten Fuß-böden aus aus Backstein und gemauerte Futtertröge an denen sich noch die eisernen Ringe zum Festbinden von Kühen oder Pferden bef- anden. Die von der Westseite bis zur Hofseite durchgehende Quer-Scheune, die vom Wohnhaus innen über eine Holztreppe zu erreichen war, hatte einen aus Lehm gestampften Boden. Der obere Teil, als Speicher für Heu und Stroh genutzt, blieb im ursprünglichen Fachwerk erhalten. Ein aus Sandsteinblöcken gemauerter Schweinestall stand mit dem Holzschuppen und dem Hundezwinger zusammen auf der anderen Hofseite an das Nachbarhaus, ehemals Kampe, angelehnt.
Oben im südlichen Giebelteil des Wohnhauses befand sich eine große Räucherkammer mit lehmverputzten Fachwerkwänden, auf denen sich im Lauf der Jahrhunderte eine zentimeterdicke Rußschicht abgesetzt hatte. Mit Rauch für das Schlachtewerk bedient wurde sie durch kleine verschiebbare Eisenklappen aus dem dreiteiligen Hauptschornstein. Die hölzerne Zugangstür zu dieser Kammer war von innen mit dickem Eisenblech beschlagen, damit sie kein Feuer fangen konnte. Das zweiflügelige Fenster bestand aus einem Eisenrahmen mit Eisen- sprossen. Darüber in der Giebelspitze war ein uralter Taubenschlag untergebracht, der über eine Leiter und eine winzige Tür neben dem Schornstein erreichbar war.
Die unteren fünf Räume wurden, außer der zur Hof- und Straßenseite gelegenen Küche, ursprünglich wahrscheinlich nur für dienstliche Zwecke genutzt. Zwischen zwei Räumen und zwischen einem Raum und dem Hausflur waren bei Renovierungsarbeiten noch vermauerte kleine Innenfenster erkennbar zu Tage getreten. Vielleicht eine Art "Schalterfenster". Die Waschküche, hinter dem Fenster neben dem Scheunentor, enthielt einen großen gemauerten Backofen, der noch bis nach dem 2. Weltkrieg von meiner Mutter genutzt und um 1962 abgebrochen wurde [direkt nebenan eröffnete nach dem Krieg die Bäckerei Kniep, so dass das eigene Brotbacken überflüssig wurde]. Daneben befand sich eine gemauerte Feuerstelle mit Eisentür, in die ein großer Kupferkessel eingelassen war. Er wurde zum Kochen der Wäsche und beim Schlachten zum Kochen der Würste verwendet. Im Zimmer darüber befand sich eines der beiden ersten Badezimmer des Dorfes mit einem etwa 1,80 m hohen Badeofen [aus Eisen-, später aus Kupferblech], in dem das Badewasser erhitzt wurde. Davor stand eine hohe mit stilisierten Löwenfüßen versehene, gußeiserne Badewanne. Der Dielenfußboden darunter war mit Zinkblech beschla- gen, das rundum einen erhöhten einen erhöhten Rand gegen Wasserschäden besaß. Das Bad wurde wohl in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts eingerichtet.
Zwei Schlafzimmer im oberen Stock enthielten gußeiserne Kachelöfen [einen großen ca. 2 m hohen und einen kleineren ca. 1,50 m hohen Ofen], deren Platten im 19. Jh. von der Firma "Hentschell zu Cassel" gegossen wurden, wie die Inschriften besagten. Sie standen wohl ursprünglich in den Diensträumen im Erdgeschoß und mussten leider sehr marode 1964 abgebrochen werden. Sie enthielten im oberen Teil über der Feuerstelle zwei bzw. drei mit mit kleinen Flügeltürchen versehene Fächer, die mit weißen Porzellangriffen geöffnet und ge- schlossen wurden. In ihnen wurden im Winter die sogenannten "Kröße" erhitzt. Das waren Keramik- oder Tonflaschen [für Kornbrand, z.B. Steinhäger], die mit Sand gefüllt wurden und dann mit Handtüchern umwickelt zur Erwärmung der kalten Betten dienten.
Der Gewölbekeller war ursprünglich über eine Falltür in der Küche zu erreichen. In den fünfziger Jahren wurde sie vermauert und ein neuer Treppenzugang unter der Treppe zum Obergeschoss angelegt. Im Boden des mit Sandsteinplatten ausgelegten Gewölbes befand sich bis zur Kanalisierung des Dorfes Anfang der sechziger Jahre ein ca. 1 Meter tiefer Sickerschacht, durch den bei starken Regenfällen aus den Seitenwänden eindringendes Wasser abziehen konnte.
Zur Försterei gehörten ein großer mit Kopfsteinen gepflasterter Hof, der nach der Straße und nach der Gartenseite mit einem Staketen- zaun begrenzt war und ein großer Garten, in dem ein knorriger violetter Fliederbaum stand, der sehr alt gewesen sein muss, da der untere Teil des Stammes einen Durchmesser von ca. 30 - 40 cm hatte. Weiterhin gehörten zum Forsthaus Wiesen und Ackerland zur Selbstver- sorgung der Förster, an der Heimbachshecke und vor dem Loh und in der Nähe der Sandgrube gelegen. Ein Brennholz-Deputat aus den zugehörigen Waldungen lag ebenfalls auf dem Haus und gehörte zur Entlohnung der Förster.
Vor dem Haus an der Straße, auf der Hofseite vor der Hofeinfahrt, war noch ein ca. 10 m tiefer, gemauerter, aber mit großen Steinplatten abgedeckter Brunnenschacht bis ca. 1975 erhalten. Er trug mindestens bis zur Einführung der Wasserleitung 1926/27 noch das Gehäuse eines Ziehbrunnens [wie ein Foto in der Ehrster Chronik aus dem Jahr 1919 zeigt - auf einem Foto von 1933 ist er bereits entfernt [2] ]. Bis zu dieser Zeit befand sich in der Küche eine Wasserpumpe, die über eine Rohrleitung direkt mit dem etwa 4 Meter entfernten Brunnen verbunden war.